Zusammenspiel von Muskel und Knochen
Muskelverlust im Alter wird häufig als ganz normale Folge des Alterns angesehen. Ob der altersbedingte Muskelverlust im Normbereich liegt, oder bereits als Sarkopenie zu bewerten ist, wird in der medizinischen Routineversorgung selten differenziert. Noch vor 50 Jahren galt auch der Verlust der Knochendichte und die damit einhergehende Abnahme der Knochenstabilität grundsätzlich als unvermeidlich und nicht behandlungswürdig. Der (Osteoporose-bedingte) "Witwenbuckel" galt als typisches Merkmal einer typischen hochaltrigen Patientin.
Die Indikation Osteoporose (anormale Verringerung der Knochenmasse) war damals in der medizinischen Versorgung älterer Patienten noch nicht üblich. Erst in den 80er-Jahren wurde das Wissen über die Osteoporose in die orthopädische und hausärztliche Praxis getragen. Heutzutage ist die Osteoporose auch in der Bevölkerung bekannt und gehört zu den typischen altersassoziierten Erkrankungen. Die Osteoporose steht im Fokus der Osteologie. Der Dachverband Osteologie e.V. (DVO) ist ein interdisziplinärer Zusammenschluss wissenschaftlicher Fachgesellschaften der deutschsprachigen Länder. Der DVO aktualisiert kontinuierlich die Leitlinien zur Diagnostik und zur Therapie der Osteoporose auf höchstem wissenschaftlichen Niveau.

In Fachkreisen diskutierte man bereits vor mehr als 20 Jahren über den Zusammenhang zwischen der Abnahme der Knochenstabilität und der Muskelfunktion. Mittlerweile haben sich die Hinweise darauf verdichtet, dass die Knochenqualität und der Status der Muskelfunktion bei zahlreichen Patienten miteinander in Zusammenhang stehen. Man spricht daher im zunehmenden Maße von einer funktionellen Einheit von Muskel und Knochen (siehe a. ARS MEDICI 17/2014).

Osteosarkopenie - ist die Bezeichnung der Vergesellschaftung von Osteoporose und Sarkopenie (s. Drey M et al. 2016). Im Januar 2020 wurde gemeldet, dass an der LMU München im Rahmen eines neuen Lehrstuhles für Geriatrie eine Ostosarkopenie-Ambulanz eingerichtet wurde (Aerztezeitung, 27.01.2020).

Diese "Verwandtschaft" der beiden Organe liegt auf der Hand, da der Knochen wie auch die Muskulatur kontinuierlichen Umbau- und Adaptionsvorgängen unterliegen. Hormonelle Veränderungen und ausbleibende Bewegung lassen die Muskelmasse wie auch die Knochenmasse stärker abnehmen.
Ein beschleunigter Rückgang von Knochen- und Muskelmasse ist auch bei Astronauten bei längerem Aufenthalt in der Schwerelosigkeit festzustellen.

Wichtig ist, dass man bei der Bewertung des Muskelstatus die Muskelfunktion von der Muskelmasse unterscheidet. Beide Kriterien nehmen im Alter üblicherweise ab, allerdings ist dabei häufig zu beobachten, dass die Muskelfunktion (Muskelkraft) stärker und schneller abnimmt als die Muskelmasse. Eine Erklärung ist, dass es innerhalb des Muskels zum Untergang von Muskelzellen kommt, die von Fettzellen ersetzt werden und so zwar das Volumen erhalten, aber deren Funktion nicht mehr erfüllen.

Erfreulich ist, dass auch im fortgeschrittenen Alter Maßnahmen zum Erhalt bzw. Aufbau von Muskel und Knochen (körperliche Aktivität in Verbindung mit adäquater Versorgung relevanter Nahrungsbausteinen, insbes. hochwertige Proteine) Wirkung zeigen. Dagegen sind geringe körperliche Aktivität und Sportabstinenz als hochrelevante Risikofaktoren für eine Sarkopenie.